[latexpage]
Zeigt man sein Teleskop stolz Freunden, Verwandten oder wem auch immer, dann kommt mit fast 100%iger Wahrscheinlichkeit die Frage: „Und, wie weit kann man damit vergrößern?“
Das kommt daher, dass der Laie das Fernglas/Fernrohr automatisch mit Vergrößerung in Zusammenhang bringt – denn dazu ist so was ja schließlich da, oder?
Immer wieder werden in Supermärkten Teleskope inkl. Zubehör mit sagenhaften Vergrößerungswerten zu unglaublich günstigen Preisen angeboten! Ein ideales Geschenk um Kinder mit der Astronomie vertraut zu machen? Werte wie “600-fache Vergrößerung” hören sich schon gewaltig an und sind natürlich ein super Lockmittel. So mancher Käufer meint damit die farbenprächtigen Fotos in den Illustrierten live bewundern zu können. Hier führt uns die Werbung ganz einfach in die Irre, denn Vergrößerung ist nur das drittwichtigste an einem Fernrohr.
Warum vergrößern Astronomen überhaupt?
Das Weltall ist voller interessanter Objekte wie Galaxien oder Sternhaufen. Auch die Planeten sind mehr als nur helle Lichtpunkte am Nachthimmel. Und das bei nur 10facher Vergrößerung. Die Ringe des Saturn sind schon bei circa 150-facher Vergrößerung sichtbar. Am Mond sehen wir schon mit freiem Auge viele Krater, doch erst im Teleskop werden schon bei geringen Vergrößerungen viele Details sichtbar.
Was ist die Vergrößerung eigentlich?
Um die Vergrößerung zu berechnen, braucht man die Objektivbrennweite des Teleskops (F). Sie beschreibt den Weg, den die Lichtstrahlen zurücklegen, bis sie in einem Punkt zusammentreffen und dahinter ein Bild vom Himmel liefern. Dieses Bild ist jedoch sehr klein. Also brauchen wir noch eine Lupe (ein sogenanntes Okular) um es zu vergrößern.
Die Vergrößerung (V) eines Teleskops ergibt sich dann aus dem Verhältnis von Objektivbrennweite (F) zur Okularbrennweite (f).
$V=\frac{F}{f}$
Da bei Teleskopen die Okulare austauschbar sind, ist die Vergrößerung also nicht fest. Theoretisch könnte man jede Vergrößerung erreichen. Die maximal sinnvolle Vergrößerung ist jedoch optisch begrenzt.
Was ist die maximal sinnvolle Vergrößerung?
Als Faustformel kann man etwa den doppelten Objektivdurchmesser (= Öffnung) in mm annehmen. Bei einem durchschnittlichen Kaufhausteleskop mit einer Öffnung von 70mm wäre das also 140-fach Vergrößerung.
Linsen und Spiegel haben nur ein begrenztes Auflösungsvermögen, das heißt sie können z.B. benachbarte Sterne nur bis zu einem gewissen Abstand trennen. Vergrößert man nun über die maximal sinnvolle Vergrößerung zeigt das Bild nicht mehr Details, sondern wird im Gegenteil nur noch unschärfer. Es wirkt verwaschen.
Kann man die maximal sinnvolle Vergrößerung überhaupt nutzen?
Auflösungsvermögen und sinnvolle Vergrößerung werden durch verschiedene Faktoren begrenzt. Die Qualität der Optik spielt hier eine wichtige Rolle. Wenn Linse oder Spiegel unsauber verarbeitet und/oder justiert sind, nehmen das Auflösungsvermögen und somit auch die maximal sinnvolle Vergrößerung ab.
Zusätzlich hängt das reale Auflösungsvermögen noch vom Himmel ab. Die Luftunruhe (Seeing) begrenzt das Auflösungsvermögen zusätzlich. Je stärker man bei unruhiger Luft vergrößert, desto unruhiger wird auch das Bild. Meistens erreicht man also nicht einmal die maximal sinnvolle Vergrößerung des Teleskops. Werte über 300-fache Vergrößerung erreicht man bei der visuellen Beobachten kaum. Ein Werbeversprechen von 600-facher Vergrößerung ist eine glatte Lüge.
Was kann eigentlich das Kaufhausteleskop?
Das typische Kaufhausteleskop ist meist ein Linsenfernrohr mit einer Objektivbrennweite von 900mm und einer Linsenöffnung von 70mm. Astronomen sagen dazu: 70/900 Refraktor. Als Zubehör bekommt man oft gleich noch ein paar Okulare dazu. Natürlich ist ein Dreibein (Stativ) auch Teil der Ausstattung.
Die Verarbeitung des Stativs lässt jedoch in der Regel zu wünschen übrig. Viele Kaufhausteleskope wackeln bei der kleinsten Berührung. Das sollte aber nicht passieren, weil jede noch so kleine Bewegung sich auch im Okular bemerkbar macht. Man bekommt kein ruhiges Bild. Mit steigender Vergrößerung nimmt das Problem nur noch weiter zu.
Außerdem werden Einsteigerteleskope oft gleich mit einer sogenannten parallaktischen Montierung verkauft. Eigentlich eine gute Absicht, doch das Handling eines solchen Statives ist kaum für Anfänger geeignet.
Auch die Okulare sind in vielen Fällen unbrauchbar. Oft haben die billigen Okulare ein schlechtes Einblickverhalten und auch ein kleines Gesichtsfeld. Dabei ist gerade der Komfort beim Beobachten wichtig. Wenn man lange probieren muss um überhaupt etwas zu sehen, ist die Freude schnell verflogen. Gleiches gilt auch für’s Finden der Himmelsobjekte. Der mitgelieferte Sucher ist zwar in Ordnung, für den Anfänger ist ein Rotpunkt-Sucher jedoch sehr zu empfehlen.
Abgesehen von Stativ und Okularen ist ein Kaufhausteleskop meist auch sehr lichtschwach. Den Mond und die meisten Planeten kann man damit wunderbar beobachten. Für Galaxien, Nebel und Kugelsternhaufen braucht man schon mehr Öffnung damit sie sichtbar werden. Natürlich gibt es auch Ausnahmen wie den Orion-Nebel oder M31, die man schon im Fernglas erkennt.
Ist das Supermarkt-Fernrohr trotzdem zum Einstieg in die Astronomie geeignet?
Es kommt darauf an. Wenn Sie „nur“ jemanden eine Freude bereiten wollen, sollten die rund 100 € für ein Einsteiger-Teleskop lieber bei einem Fachhändler ausgegeben werden. Im Internet finden sich viele Anbieter. Wir sind mit Teleskop-Service Ransburg seit Jahren sehr zufrieden. Natürlich bieten wir Ihnen auch gerne Hilfe vor, während und nach dem Teleskopkauf an. Wenn Sie gleich richtig ins Hobby „Astronomie“ einsteigen wollen, dann sollten Sie mehr investieren. Ab 500 € ist man bereits mit einem guten Gerät dabei. Astronomie ist ein leistbares Hobby, doch ein Fehlkauf zu Beginn belastet nicht nur Geldbörsel sondern auch die Nerven.
[…] Christophs Beitrag haben wir gesehen, dass es den Astronomen nicht ausschließlich um Vergrößerung und Auflösung […]